Pansenazidose

Die physiologische Grenze des Pansen-pH-Wertes liegt bei 5,5. Sinkt der pH-Wert unter diese Grenze, so spricht man von einer Pansenazidose bzw. Pansenübersäuerung. Eine subakute Pansenazidose liegt dann vor, wenn der Wert immer wieder auf 5,5 oder geringer absinkt, dann aber wieder auf über 6,0 ansteigt. Es kommt dann zu Fermentationsstörungen, weil die faserabbauenden Mikroorganismen im Pansen nicht mehr optimal arbeiten.

Das übt einen negativen Einfluss auf Gesundheit und Leistung aus. Ein schnelles Absinken des Pansen-pH-Wertes kann z.B. durch eine nicht wiederkäuergerechte Ration begünstigt werden. Eine Ration ist nicht wiederkäuergerecht, wenn es ihr an Struktur mangelt und/oder ein Überschuss an schnell fermentierbaren Kohlenhydraten (Zucker, pansenabbaubare Stärke) vorliegt. Besonders große Mengen an Kraftfutter, mit großen Anteilen schnell abbaubarer Stärke (z.B. Getreide) auf wenige Mahlzeiten verteilt, können zur Pansenazidose führen. Aufgrund von reduzierter Futter-, insbesondere Grundfutteraufnahme, stellen Hitzeperioden und der Abkalbezeitraum ein besonderes Risiko im Hinblick auf Pansenazidosen dar.

Durch die Aufnahme leichtverdaulicher Kohlenhydrate und gleichzeitig sinkender Aufnahme von strukturwirksamer Rohfaser kommt es zu einer Konzentrationserhöhung flüchtiger Fettsäuren im Pansen. Diese senken den pH-Wert und verursachen eine subakute Pansenazidose. Zusätzlich bewirkt ein Rohfasermangel in der Ration eine verminderte Kautätigkeit, weshalb der Speichelfluss sinkt. Weil Speichel üblicherweise als Säurepuffer dient, wirkt das zusätzlich senkend auf den pH-Wert im Pansen. Aufgrund der ungünstigen Bedingungen für faserabbauende Mikroorganismen kommt es vermehrt zur Propionsäurebildung auf Kosten der Essigsäure. Da Essigsäure zur Milchfettsynthese genutzt wird und Propionsäure zum Aufbau von Körperfett, sinkt der Milchfettgehalt und die Kühe verfetten.

 

Kritische Richtwerte für die Ration:

  • Gehalt an Zucker und pansenverfügbarer Stärke ~30% i.d.TM
  • Rohfasergehalt < 15 % i.d.TM
  • Strukturwirksame Rohfaser < 9,5 % i.d.TM

 

Anhaltspunkt für eine mögliche Pansenazidose:

  • Milchfettgehalt < 3,6 %
  • Fett/Eiweiß- Quotient in der Milch <1,0
  • Netto-Säure-Basen-Ausscheidung (NSBA) im Harn <50 mmol/l
  • Wechselnde Kotkonsistenz
  • Wiederkautätigkeit nimmt ab <40 Wiederkauschläge 3 Stunden nach der Fütterung
  • Kühe sind oft abgemagert und sehen struppig aus

 

Eine Pansenübersäuerung kann die Gesundheit der Kuh in vielfältiger Weise beeinträchtigen: negativer Einfluss auf Futteraufnahme und Milchleistung, erhähte Infektionsanfälligkeit, vermehrt Euter- und Klauenerkrankungen, Labmagenverlagerungen, Bildung von Leberabszessen, Ketose.

Auch die Fruchtbarkeit kann infolge einer Pansenazidose gestört sein (schlechte Konzeptionsergebnisse, hoher Besamungsindex, verlängerte Zwischentragezeit, Eierstockzysten). Eine subakute Pansenazidose lässt sich jedoch nur schwer erfassen, da die Auswirkungen sich zeitlich versetzt zeigen und oft im Zusammenhang mit anderen Stoffwechselerkrankungen auftreten.

 

Empfehlung für die Ration:

  • mind. 320 g strukturierte Rohfaser/100 kg Lebendmasse, > 9,5 % strukturierte Rohfaser i.d.TM; 2,4 kg strukturwirksame Rohfaser/Kuh und Tag
  • Rohfasergehalt der Rations-Trockenmasse: 15-18 %
  • NDF (Neutrage Detergenzienfaser): 28-30 %, 70 % davon aus Grundfutter
  • Strukturwert nach DeBrabander: > 1,2

Rationswechsel und -übergänge sollten immer schonend erfolgen. Das gilt insbesondere im zeitraum vor der Kalbung bis nach der Abkalbung (Transitphase) und in den ersten Laktationswochen (Kraftfutteranfütterung). Je höher die Grundfutteraufnahme ist, desto geringer wird das Risiko für eine Pansenübersäuerung. Da adaptierte Kühe durchaus mehr Kraftfutter tolerieren können, empfiehlt es sich, während der letzten zwei Wochen vor der Abkalbung schon mit der Kraftfutterfütterung zu beginnen, um die Tiere langsam an die neue Futterration zu gewöhnen. So ist die Rationsumstellung mit der Kalbung nicht mehr ganz so abrupt.


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